Lesung zum Holocaust-Gedenken

Anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27. Januar waren Schüler*innen der Prälat-Diehl-Schule in Groß-Gerau zu Besuch an der Walldorfer Gedenkstätte am ehemaligen KZ-Außenlager. Foto: Kreisverwaltung

Oberstufenschüler*innen der PDS Groß-Gerau am Horvath-Zentrum

KREIS GROSS-GERAU – „Warum wir uns erinnern sollten“ lautete das Thema eines zweitägigen Seminars, das das Jugendbildungswerk des Kreises Groß-Gerau in Kooperation mit der Margit-Horváth-Stiftung (www.margit-horvath.de) mit der Klasse 11b der Prälat-Diehl-Schule (PDS) Groß-Gerau veranstaltete. Am ersten Tag erlebten die Teilnehmer*innen, dass es kontroverse Debatten um verschiedene Umgangsweisen mit der NS-Vergangenheit gibt.

Sie sammelten Argumente und eigneten sich Kriterien an, um unterschiedliches Verhalten kritisch zu reflektieren und jenseits von einem Schwarz-Weiß-Denken einzuordnen. Zudem setzten sie sich mit Forderungen nach einem Schlussstrich auseinander.

Am zweiten Tag besuchten die Schüler*innen das Horváth-Zentrum auf dem Gelände der ehemaligen KZ-Außenstelle Walldorf. Anlässlich der Neuerscheinung des Buches „Frida – auf der Suche nach meiner verfolgten Großmutter“ erlebten die Jugendlichen eine Lesung mit Nina Grünfeld, einer norwegischen Filmregisseurin und Professorin. Ihre Großmutter Frida, eine ungarische Jüdin und Prostituierte, war im KZ-Außenlager Walldorf inhaftiert.

Von August bis November 1944 wurden insgesamt 1700 Jüdinnen als Zwangsarbeiterinnen auf dem Frankfurter Flughafen eingesetzt, um Rollbahnen zu bauen. Von Walldorf wurde Frida in das KZ Ravensbrück deportiert, wo sie ermordet wurde. Fridas Sohn, Berthold, wurde 1932 geboren und als kleines Kind bei Kriegsbeginn nach Norwegen gebracht. Über seine Mutter wusste er nichts. Erst die Recherchen von Nina Grünfeld brachte die Geschichte von Frida ans Tageslicht.

Ihre Forschungen lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Zum einen sind sie eine persönliche Auseinandersetzung mit ihrer Familie und Identität. Zum anderen erzählen sie die Geschichte einer marginalisierten Frau. Darüber hinaus ist es ein Beitrag über den Holocaust.

Die Veranstaltung begann mit einem Kaddisch, einem jüdischen Totengebet für Frida Grünfeld, das bis dahin noch niemand für sie gesprochen hatte. Im Rahmen der Lesung hatten die Schüler*innen die Möglichkeit, Fragen an die Autorin zu stellen. Auf die Frage, ob es für sie peinlich oder enttäuschend gewesen sei, die Geschichte ihrer Großmutter herauszufinden, erwiderte Nina Grünfeld, dass unsere Erfahrungen uns zu dem machen, was wir sind. Sie appellierte an die Schüler*innen, sich mit ihren persönlichen Erfahrungen (auch von unterschiedlichen Diskriminierungsformen) für die Demokratie zu engagieren und die Gesellschaft aktiv mitzugestalten.

Bei einem anschließenden Rundgang entlang der Thementafeln des historischen Lehrpfads lernten die Teilnehmer*innen die Geschichte des historischen Ortes besser kennen. Für die Jugendlichen war der Besuch der Gedenkstätte ein eindrückliches Erlebnis.

Ziel des Seminars ist es, Jugendliche für die gesellschaftliche Bedeutung des Erinnerns an die NS-Zeit und für das Erkennen von Antisemitismus zu sensibilisieren. Es wird für Schulklassen ab Jahrgang 10 und für Jugendgruppen ab 16 Jahren angeboten.

Weitere Informationen hierzu gibt es bei Catharina Hangen (Telefonnummer 06152 989-84322, E-Mail jbw@kreisgg.de) oder im Internet auf www.kreisgg.de/familie.

(PS)

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