Im Ort angekommen – Nachbar statt Fremder

Foto-Ausstellung im Foyer des Landratsamts

Groß-Gerau – Ein Leben in Freiheit und ohne Angst – das wünschen sich Menschen, die aus fernen Ländern nach Deutschland geflüchtet sind. Zum Beispiel Hani aus dem Iran, der als Christ vor den allgegenwärtigen Repressionen des Staates gegen Andersgläubige floh. Oder Nasima aus Afghanistan, die mit drei Brüdern und ihrem behinderten Kind vier Monate lang auf der Flucht war und nichts mehr besaß außer den Kleidern auf dem Leib, als sie hier ankam.

Beide arbeiten heute regelmäßig für die Tafel in Ginsheim-Gustavsburg. So kam es auch, dass sie an einem Projekt der Fotografin Sabine Neumann teilnahmen. Diese stellte auf Initiative der Tafel die FotoAusstellung „Hallo, ich bin Ihr Nachbar!“ zusammen, sprach mit den neuen Kundinnen und Kunden der Tafel, lichtete sie ab.

Die beeindruckenden und würdevollen Porträtfotos auf schwarzem Grund werden ergänzt von kurzen Lebensbeschreibungen. Insgesamt entstanden 20 Bilder. Einige sind noch immer in der evangelischen Kirche in Ginsheim zu sehen, wo die Ausstellung zuerst gezeigt wurde. Andere Porträts finden sich in Geschäften in den MainspitzOrten, um dort zu signalisieren: Wir leben als neue Nachbarn unter Euch, wir gehören jetzt zu Euch.

15 der Aufnahmen werden seit Montag, 11. Februar, im Foyer des Groß-Gerauer Landratsamts gezeigt. Dort sind sie zu den Öffnungszeiten der Kreisverwaltung noch bis 1. März zu sehen.

„Es war und ist mir ein Anliegen, dass die zu uns geflüchteten Menschen nicht auf das Merkmal Flüchtling reduziert werden“, sagt Fotografin Sabine Neumann. „Wie lange ist man denn der oder die Geflüchtete? Irgendwann muss diese Charakterisierung aufhören.“ Viele Menschen fänden in ihrer Familiengeschichte Geschichten von Flucht und Zuwanderung aus früheren Zeiten – gerade im Zuwanderungskreis GroßGerau, wie Landrat Thomas Will bestätigte.

Sonja Ritz, Vorsitzende des Vereins Tafel Ginsheim Gustavsburg, ergänzte bei der Ausstellungseröffnung am Montag: „Die Menschen sind mittlerweile bei uns im Ort angekommen. Daher auch der Titel der Bilderschau: Hallo, ich bin Ihr Nachbar!“ Auch Harald Bott und Olga Stüwe von der Stabsstelle Asyl und Zuwanderung der Kreisverwaltung gefällt der Ansatz, von neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu sprechen und sich ihnen zuzuwenden.

Die Ausstellung ist, so heißt es im Konzept, „ein Versuch und zugleich die Aufforderung, einander zu entdecken. Angekommene Menschen zeigen den Mut, sich zu zeigen. Es ist ein Angebot, einander wahrzunehmen und einander anzunehmen, um gemeinsam Schritte in eine friedvolle Nachbarschaft zu gehen.“ Die Zugezogenen sind nicht eindimensional. Sie sind Persönlichkeiten mit vielen Facetten, mit Stärken und Schwächen, Fähigkeiten und Bedürfnissen. Darauf will die Fotoschau aufmerksam machen.

Wer seine Gedanken oder Anregungen zu den Bildern loswerden möchte, kann dies auf einer Schreibtafel, die neben den Fotos steht, gern tun.

Foto: Kreisverwaltung

ggr

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