Forschungsbohrung in Riedstadt startet

Forschungsbohrung in Pfungstadt. Foto: HLNUG

Reise in die geologische Vergangenheit der Region

Wiesbaden – Wie sah es vor Millionen von Jahren im hessischen Ried aus und welche Schlüsse lassen sich für uns daraus ziehen? Eine Bohrung in bis zu 500 Meter Tiefe soll darüber Aufschluss geben. Voraussichtlich ab Montag, dem 29. Juni laufen bei Riedstadt-Erfelden westlich der Bundesstraße 44 die Vorbereitungen für ein Forschungsprojekt des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Die Geologen untersuchen dabei, wie sich die Gesteinsschichten in der nördlichen oberrheinischen Tiefenebene zusammensetzen und nutzen lassen.

In Südhessen erstreckt sich eine Landschaft, der nördliche Oberrheingraben, der in den letzten Millionen Jahren besonders stark abgesunken ist. Dadurch können Forschende die Gesteine und damit die Erdgeschichte hier besonders vollständig erfassen. Den Untergrund in Viernheim, Pfungstadt, Zwingenberg, Groß-Rohrheim und bei Gräfenhausen hat das HLNUG in den letzten Jahren daher bereits erkundet. Riedstadt-Erfelden ist nun ein weiteres Puzzlestück, um das geologische 3D-Modell der Region zu verbessern. „Die Forschung bringt uns wichtige Erkenntnisse über die Geologie in Hessen und vervollständigt unser Bild“, erklärt HLNUG-Präsident Professor Thomas Schmid. „Damit können wir aktuelle Fragen zum Beispiel zu Erdbeben oder Erdwärme beantworten.“ Ein spannender Blick in die geologische Geschichte, findet auch Riedstadts Bürgermeister Marcus Kretschmann. „Die Stadt hat daher auch gerne diese Forschungsbohrung gestattet.“

Nachdem Zufahrtswege zur Ackerfläche und eine Bohranlage eingerichtet sind, dringt die Bohrmannschaft in den Untergrund vor: Mithilfe der Anlage bohrt sie vertikal in den Untergrund und fördert dabei Gesteine aus bis zu 500 Meter Tiefe ans Tageslicht. Dabei wird ein Bohrkern gewonnen, der einen Durchmesser von zehn Zentimetern hat. Die Wissenschaftler im HLNUG können damit in die letzten 2,6 Millionen Jahre, die Quartärzeit, sowie in die jüngere Tertiärzeit blicken und analysieren, wie sich die Gesteinsschichten abgelagert haben. Sande, Kiese, Tone und Torfe zeigen, wie sich das Klima in dieser Zeit entwickelt hat: Sande und Kiese stehen für kältere Klimaabschnitte, wohingegen Tone, Schluffe und Torfe wärmeres Klima belegen. Die Ergebnisse können auch helfen, Aussagen über das zukünftige Klima zu treffen.

Die Erforschung des Untergrunds im Oberrheingraben liefert Antworten auf viele Fragen – beispielsweise zur Entstehung von Erdbeben, die Südhessen regelmäßig zu spüren bekommt. Außerdem kann ermittelt werden, ob sich das Gebiet für Geothermie, also das Heizen mit Erdwärme, eignet. Am Bohrloch soll zudem eine Grundwassermessstelle eingerichtet werden, die Auskunft darüber gibt, wie es um die Wasserversorgung vor Ort bestellt ist. Die geologischen Beschreibungen des Bohrkerns machen es darüber hinaus möglich, die Gesteinsschichten und damit den geologischen Untergrund bei Riedstadt-Erfelden mit anderen Regionen im nördlichen Oberrheingraben in Zusammenhang zu bringen.

Die Bohrung im hessischen Ried wird etwa zwei bis drei Monate dauern, danach beginnt die Auswertung. Das HLNUG arbeitet mit einer Reihe von Partnern zusammen: dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover, dem Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen sowie mit verschiedenen hessischen Universitäten. In den nächsten Wochen werden diese die Details ihrer Zusammenarbeit besprechen – und gemeinsam in die geologische Vergangenheit der Region reisen.

Weiterführende Informationen zur Bohrung auch auf www.hlnug.de

ggr

 

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