Bürgermeister muss Widerspruch einlegen

Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ist rechtswidrig

Riedstadt – Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) ist unmissverständlich und lässt keinerlei Spielraum: „Verletzt ein Beschluss der Gemeindevertretung das Recht, so hat ihm der Bürgermeister zu widersprechen. Der Bürgermeister kann widersprechen, wenn der Beschluss das Wohl der Gemeinde gefährdet“, heißt es im ersten Absatz des Paragraphen 63.

Nachdem nun sowohl das von der Stadt beauftragte Anwaltsbüro, als auch der Hessische Städte- und Gemeindebund sowie der Hessische Städtetag zu der einhelligen Auffassung gelangt sind, dass der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Riedstadt vom 17. März zu einer Satzungsänderung über die Erhebung wiederkehrender Straßenbeiträge rechtswidrig ist und darüber hinaus auch das Gemeinwohl der Büchnerstadt gefährdet, hatte Bürgermeister Marcus Kretschmann keine andere Wahl, als jetzt dem Beschluss zu widersprechen.

Das kam nicht überraschend: Der Bürgermeister hatte sowohl im Ausschuss als auch in der Stadtverordnetenversammlung mehrfach und sehr eindringlich darauf hingewiesen, dass der Antrag nach einer ersten Auskunft rechtswidrig ist und er bei einer Verabschiedung qua Amt gezwungen sei, Widerspruch einzulegen.

Dennoch hatte das Stadtparlament auf Antrag von SPD, BfR und FW/FRB in seiner Sitzung am 17. März mit den Stimmen aus den drei Fraktionen beschlossen, dass der Magistrat eine geänderte Satzung über die Erhebung wiederkehrender Straßenbeiträge zur Beschlussfassung vorzulegen habe. Darin soll festgelegt werden, dass der Anteil der Gemeinde am beitragsfähigen Investitionsaufwand in sämtlichen Abrechnungsgebieten mindestens 50 von Hundert beträgt. Sie soll zum 1.1.2023 in Kraft treten und bis zu dem Zeitpunkt gelten, ab dem durch das Land Hessen durch Landesmittel die Finanzierung der Straßensanierung übernommen wird.

Doch die pauschale Erhöhung des Gemeindeanteils auf mindestens 50 Prozent verstößt gemäß aller drei Rechtsauskünfte gegen höherrangiges Recht. Insbesondere, weil gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstoßen werde, da realisierbare Einnahmen zur Ausgleichung des städtischen Haushalts nicht verwirklicht würden. Das den Gemeinden eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Erhebung von Straßenbeiträgen verdichte sich bei entsprechender Haushaltslage aufgrund des kommunalen Haushaltsrechts zu einer Pflicht der Gemeinden, mögliche Beiträge auch tatsächlich zu erheben.

Dabei sei es erforderlich, dass der Gemeindeanteil in den jeweiligen Abrechnungsgebieten als ein ganz bestimmter (Prozent-)Satz bezeichnet werde. “Nach dem Gesetzeswortlaut besteht daher kein Spielraum für den Satzungsgeber, von diesem Gemeindeanteil, der dem Vorteil der Allgemeinheit entspricht, abzuweichen“, schreibt zum Beispiel der Hessische Städte- und Gemeindebund.

Insgesamt führt die angestrebte Neufassung der Satzung zu einer übergebührlichen Beanspruchung der Finanzkraft. Die Verwaltung kann insbesondere dann über Gebühr beansprucht werden, wenn sich die Satzungsänderung – und damit unter Umständen die gesamte Satzung – als unwirksam erweist und hierdurch angefochtene Bescheide neu zu erlassen sind. Zusätzlicher Aufwand kann auch durch ein Tätigwerden der Kommunalaufsicht entstehen.

Nachdem nun der Bürgermeister innerhalb der vorgesehenen Zwei-Wochen-Frist Widerspruch bei Stadtverordnetenvorsteher Guido Funk eingelegt hat, muss die strittige Angelegenheit erneut in der Stadtverordnetenversammlung beraten werden. Die nächste Sitzung der Stadtverordneten ist am Donnerstag, 5. Mai.

ggr

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